Nicht nur im Energiebereich treffen auf die Branche nahezu monatlich neue Bestimmungen, die verstanden und umgesetzt werden müssen. Und nicht gerade selten passen diese neuen Regelungen nicht auf die betriebliche oder technische Praxis und halten für diese Diskrepanz auch keine Lösungen bereit. Grenzwerte, die technisch nicht einzuhalten, Nachweise, die nicht, oder nur mit sehr hohem Aufwand zu führen, Verfahrensregeln, die mehrdeutig sind oder technische Vorgaben, die offensichtlich für industrielle Großanlagen, aber nicht für mittelständische Gießereien geschrieben wurden, sind jedem Gießer öfter begegnet, als ihm lieb sein kann.
Im politischen Prozess, der diese Regelungen festlegt, fehlt es an Rückmeldungen aus der Praxis. Das liegt vor allem daran, dass politischer Zeitdruck eine bessere Beteiligung der Industrie an dem Regelungsprozess nicht zulässt. Zudem findet keine Einbindung der industriellen Praxis statt, bevor ein Regelungsentwurf geschrieben wird. Regelmäßig wird die Industrie erst um Stellungnahme gebeten, wenn die Entwürfe schon geschrieben sind. Wesentliche Änderungen in struktureller Hinsicht oder sogar ein Verwerfen des Entwurfs – und seien sie noch so sinnvoll – finden dann so gut wie nie statt. Einwände des Industriesektors werden dann oft genug aufgrund zeitlicher Knappheit, um das Gesetzesvorhaben „durchzubringen“ oder aufgrund des Unwillens „immer wieder von vorne anfangen zu müssen“, als „Lobbyismus“ abgetan.
Der Prozess der Festlegung von Klimaschutz‑, Energieversorgungs- oder Umweltregelungen für die Industrie kann nur zu sinnvollen Regelungen führen, wenn die Industrie möglichst beteiligt wird, bevor Konzepte in Regelungsentwürfen aufgeschrieben werden. Praxisferne Regelungen können nicht vermieden werden, wenn die Industrie in knapper Zeit auf vorgegebene Lösungskonzepte lediglich reagieren kann.
Die Transformation in eine klimaneutrale Energieversorgung und Industrie kann nur gelingen, wenn die Rückmeldung aus der industriellen Praxis frühzeitig in die politische Willensbildung einfließt. Diese Rückmeldung „vom Boden“ muss dabei dauerhaft sein und in festen Gremien stattfinden. Der BDG ist daher dabei, sowohl bei den Landesregierungen als auch bei den Bundesministerien und auf der parlamentarischen Ebene dauerhafte Gesprächsformate zu installieren.
Branchendialoge finden bereits in Bayern und Baden-Württemberg statt, Vorbereitungen laufen in Sachsen und Thüringen sowie in Nordrhein-Westfalen, weitere Bundesländer sollen folgen. Auch auf der Bundesebene und dort vor allem beim Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium, aber auch bei den meisten Bundestagsfraktionen besteht mittlerweile hohe Bereitschaft, die Gießerei-Industrie und auch den sonstigen energieintensiven Mittelstand, zusammengeschlossen etwa im Bündnis „Faire Energiewende“, anzuhören.
Auch hier müssen dauerhafte Gesprächsformate gefunden und immer wieder mit Leben gefüllt werden, damit vor allem auch die Belange des industriellen Mittelstandes nicht nur sporadisch und anlassbezogen, sondern regelmäßig abgefragt werden.