Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind Megathemen, die Gesellschaft, Politik und Wirtschaft gleichermaßen betreffen. Für Unternehmen und Mittelstand heißt das: über technisch-fachliche Herausforderungen hinaus denken. Denn nur so kann die eigene Zukunft erfolgreich gestaltet werden, die so eng wie selten zuvor mit einem gleichzeitigen gesamtgesellschaftlichen Wandel verwoben ist. Die neuen Veranstaltungsformate des BDG bieten der Branche eine Plattform, um ihre Herausforderungen zu definieren und sie über der Branche hinaus sichtbar zu machen.
Vom Prototyp zur Serie
Auf dem Zukunftstag der Gießerei-Industrie diskutiert die Gießerei-Industrie mit Politik und Wissenschaft. Dem erfolgreichen ersten Zukunftstag 2021 folgte am 14. September 2022 die zweite Auflage des über die Branche hinweg wahrgenommenen Formats. War die Premiere im Jahr 2021 für das Publikum nur digital zu verfolgen, konnten 2022 nach der Pandemie rund 100 Teilnehmer in Düsseldorf vor Ort zuschauen – zur Vorsicht wurde die Obergrenze noch beschränkt – gut 600 waren digital zugeschaltet. Ein deutlicher Zuwachs gegenüber rund 400 Online-Teilnehmern 2021. Im wirtschaftspolitischen Block am Vormittag wurde über Mittelstand und Transformation am Standort Deutschland diskutiert, nach der Mittagspause über Branchen- und Unternehmensimage sowie Nachwuchs- und Arbeitskräftemangel. Dazu wurden wiederum Themen-Experten von außerhalb der Branche hinzugezogen: Angela Erwin (Mitglied des Düsseldorfer Landtages sowie Vorsitzende des NRW-Mittelstands- und Wirtschaftsunion), Stefan Wenzel, (Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, zugeschaltet aus Berlin), Udo Buschmann (Vorstandsmitglied Kreissparkasse Köln), Prof. Dr. Helena Lischka (FOM Hochschule für Ökonomie & Management Essen), Manuel Bloemers (IG Metall), Jessica Rosenthal (MDB, Bundesvorsitzende der Jusos und Lehrerin) und schließlich Dr. Maria Richter (Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen).
Rund ein Jahr nach der Bundestagswahl machte sich angesichts mangelnder staatlicher Hilfen bei verzehn- bis verfünzehnfachten Energiepreisen Ernüchterung breit – zumal die Reaktion auf die bohrende Frage von Moderatorin Judith Schulte-Loh an Staatssekretär Stefan Wenzel nach zeitnaher Stützung der Wettbewerbsfähigkeit ebenso wortreich wie vage war. Ein eindeutiges Zeichen für den BDG, das drängende Thema Energiekosten im Schulterschluss mit der Branche noch stärker zu forcieren. Jüngstes Beispiel dafür: der Bielefelder Appell im Mai 2023. Der nächste Zukunftstag ist nach dem GIFA-Jahr geplant.
Aufgaben identifizieren – Lösungen erarbeiten
Neu waren 2023 die World-Cafés, in denen die Teilnehmer durch moderierten Austausch Kernaufgaben und Lösungsmöglichkeiten identifizieren können. Die zweitägige Veranstaltung Perspektive Guss 2035 im Februar 2023 baute auf der BDG-Studie Guss 2035 auf. Impulsvorträge über die sechs in der Studie identifizierten vordringlichen Anliegen der Gießerei-Industrie stimmten die rund 40 Teilnehmer in Heilbronn zunächst auf die Themen ein. Die Vertreter des BDG und der Mitgliedsunternehmen legten anschließend die Schwerpunkte auf: Transformation – Prozesse bzw. Transformation – Produkte, Digitalisierung sowie Image Guss und Ressource Personal. Und hielten dann in den World-Cafés ihre Ideen zu den Themen stichpunktartig fest. Themenübergreifend kristallisierten sich dadurch Brennpunkte heraus: Digitalisierung, Zirkularität, Energieeffizienz, Image und Fachkräfte. Der zweite Tag erbrachte konkrete Aktionspakete: eine höhere Sichtbarkeit der Gießereien bei Stakeholdern und Gesellschaft, eine größere Präsenz des Fertigungsverfahrens Guss in der Konstruktionslehre, kreislaufwirtschaftsfähige Produktentwürfe, Weiterentwicklung des Kompass 4.0 bzw. Best Practice Katalog für die Datenerfassung und eine unternehmensübergreifende Plattform für anwendungsorientierte Digitalisierung, schließlich effizienter Einsatz erneuerbarer Energien. Arbeitspakete, deren Umsetzung die Teilnehmer abschließend als realistisch einschätzten.
Auch auf der Fachverbandstagung des BDG in Leipzig wurde die klassische Vortragsveranstaltung durch die World-Cafés erweitert. Die Kernthemen waren in diesem Fall durch die Impulsvorträge gesetzt: Moderiert von BDG-Mitarbeitern diskutierten die Teilnehmer miteinander und mit den Vortragenden über Nachhaltigkeit, Energie und Mitarbeitergewinnung. Und machten die Anliegen in der unternehmerischen Praxis deutlich: Komplexität des Themas Nachhaltigkeit und mangelnde Sichtbarkeit der bereits getroffenen Maßnahmen, das (Gesund-)Halten von alten und das Gewinnen von neuen Mitarbeitern, Verfügbarkeit von grünem Strom, Bedeutung des Product Carbon Footprints, Energiekosten und „Bürokratiemonster“ sind nur einige der Herausforderungen der Gießereien. Übergreifende Themen auch hier: Digitalisierung und Datenerfassung, Erhöhung der Präsenz in Medien und Öffentlichkeit, Energieeffizienz.
Effizienter Austausch
Wesentlicher Vorteil der Veranstaltungen: Das Feedback der Zuhörer fällt wesentlich umfangreicher, detaillierter und überlegter aus, der Informationsfluss verläuft in beide Richtungen. Davon profitieren die Teilnehmern, die Verbandsarbeit, die Sichtbarkeit der Gießerei-Industrie in Politik und Gesellschaft und letztlich die Branche.