Zur Erinnerung: Die BVT bilden den Stand der Technik einer Branche in puncto Umweltschutz sowie Energie- und Ressourceneffizienz ab. Sie sind das zentrale Konzept der europäischen Industrieemissionsrichtlinie (IED), um ein hohes Schutzniveau für Gesundheit und Umwelt in der EU zu schaffen. In den BVT-Merkblättern bzw. BREF werden die Vorsorgemaßnahmen gegen Umweltverschmutzung zusammengefasst, in den BVT-Schlussfolgerungen konkrete Anforderungen wie Grenzwerte „ausgekoppelt”. Sie sind von jedem EU-Mitglied in nationales Recht umzusetzen und werden somit auch verbindlich für die deutsche Gießereibranche. Der BDG nimmt die Interessen der deutschen Gießerei-Industrie unter dem Dach des europäischen Gießereiverbandes CAEF war, der ebenfalls im HDGI seinen Sitz hat. Koordiniert wird die Überarbeitung der BVT durch die zuständige EU-Institution in Sevilla (umgangssprachlich „Sevilla-Büro“), maßgeblich mitgestaltet durch die Technical Working Group (TWG) bestehend aus Repräsentanten der EU-Kommission, der Mitgliedstaaten, der betroffenen Industrie und von Umweltverbänden.
In die Überarbeitungszeit fielen sowohl Coronapandemie als auch Ukrainekrieg – erschwerte Bedingungen also für einen ohnehin hochkomplexen Vorgang. Mitten in die Coronakrise fiel auch die eminent wichtige Datensammlung, die die Grundlage der BREF-Revision ist. Denn aus den Messwerten werden die neuen Emissionsbandbreiten abgeleitet. Auf Druck von BDG bzw. CAEF hin wurde eine Verschiebung und Verlängerung der Zeit für die Datensammlung erwirkt. Die Datensammlung endete im Frühjahr 2021 – trotz Krise konnte der BDG die teilnehmenden deutschen Gießereien beraten, so dass mehr als ein Drittel der Daten aus deutschen Gießereien stammt. Auch setzte sich der BDG dafür ein, dass nicht alle der abgefragten rund 60 Parameter zwingend zur Definition der neuen Messwerte herangezogen werden.
Der Entwurf der neuen BVT zur Kommentierung, der dann im Februar 2022 vorlag, war allerdings eher der Worst-Case. Der BDG mobilisierte seine Mitglieder und stellte ihnen verständliche Kommentarformulare zur Verfügung. Wenige Wochen nach Vorlage konnten die Kommentare der Gießereien und des BDG über den CAEF an das Sevilla-Büro übermittelt werden. Um es deutlich zu machen: Es handelt sich um ein 800 Seiten umfassendes Dokument, in das sich die deutsche Gießereibranche mit 430 Kommentaren von insgesamt rund 1500 Kommentaren einbrachte. Eine Mammutaufgabe. Mitten in die Kommentierungsphase platzte im April 2022 der Entwurf der neuen Industrieemissions-Richtlinie (IED), die die rechtliche Grundlage der BVT ist. Neben zahlreichen Verschärfungen ist besonders eine Regelung relevant: Genehmigungsbehörden sollen sich zukünftig am unteren Wert einer Grenzwertbandbreite orientieren. Eine Übergangsregelung für sich gerade in Überarbeitung befindliche BVT-Dokumente ist nicht vorgesehen, obwohl deren Grenzwertbandbreiten ja gerade nach den Vorgaben der geltenden IED abgeleitet wurden. Und obwohl die Festlegung von Genehmigungswerten gemäß dem unteren Ende der Bandbreite erhebliche Auswirkungen auf den Anlagenbetrieb hätte.
Besonders BDG bzw. CAEF dürfen sich als Erfolg zugute halten dass im März 2023 vom Sevilla-Büro ein zweiter Data Assessment Workshop anberaumt wurde. BDG und CAEF setzten sich nachdrücklich für Einhaltung des ursprünglichen BVT-Prinzips der Verknüpfung von Grenzwerten mit dafür geeigneten Minderungstechniken ein, hatten allerdings einen ausgesprochen schweren Stand.
Nach dem zweiten Data Assessment Workshop hat das Sevilla-Büro die BVT-Schlussfolgerungen überarbeitet. Diese revidierte Fassung wird gerade von der Technical Working Group kommentiert, damit sie auf dem Final Meeting in der letzten Juniwoche diskutiert werden kann. Erfreulich viele unserer Kommentare zum ersten Entwurf des kompletten BVT-Dokumentes wurden übernommen. Dennoch bedarf es weiterer Nachbesserungen, insbesondere zu den Grenzwertbandbreiten und den Monitoring-Vorgaben.
Fortsetzung folgt.