Leh­ren aus der Dauerkrise

Wie kann die Gie­ße­rei-Indus­trie resi­li­en­ter werden? 

Ein wei­te­res Jahr stei­gen­der Ener­gie- und Roh­stoff­kos­ten, vola­ti­ler Aus­las­tung ver­bun­den mit einem sor­gen­vol­len Blick in die Zukunft. Die Gie­ße­rei­en muss­ten schnell han­deln, kaum mög­li­che Ener­gie­ein­spa­rungs­po­ten­zia­le suchen und zugleich die Liqui­di­tät extrem eng steu­ern. Die betriebs­wirt­schaft­li­chen Kenn­zah­len des BDG konn­ten den Mit­glie­dern die ent­spre­chen­de Daten­grund­la­ge lie­fern und somit jeder­zeit schnell und effi­zi­ent unterstützen. 

Dem auf­merk­sa­men Leser der Tätig­keits­be­rich­te wird es auf­ge­fal­len sein: Wir hat­ten die Schlag­wör­ter Kri­se und Kos­ten­stei­ge­rung doch bereits im ver­gan­ge­nen Jahr! „Kri­sen­jah­re sind Ver­bands­jah­re“. Nie­mals zuvor erreich­ten das Refe­rat Betriebs­wirt­schaft der­art vie­le Anfra­gen zu einem The­ma: Ener­gie­kos­ten. Dach­ten wir damals noch Coro­na sei der Höhe­punkt, hat uns der Aus­bruch des Ukrai­ne­kriegs gezeigt, dass sich Euro­pa von nun an in per­ma­nen­tem Kri­sen­mo­dus befin­det. Unge­ach­tet des­sen legen weder Kli­ma­wan­del noch deren poli­ti­schen Reak­ti­ons­me­cha­nis­men, wie Sus­tainable Finan­ce, Net Zero Indus­try Act, oder der aus­ge­wei­te­te Emis­si­ons­han­del (ETS2) eine Ver­schnauf­pau­se ein und wer­den die Indus­trie über vie­le kom­men­de Jah­re begleiten.

Ohne Bau­tei­le für die Wind­kraft, Wär­me­pum­pen oder Was­ser­stoff­ap­pli­ka­tio­nen, um nur weni­ge unse­rer Breit­band­in­dus­trie zu nen­nen, ist die Trans­for­ma­ti­on zu einer nach­hal­ti­gen Ener­gie­wirt­schaft unmög­lich. Die in der Fol­ge des Aus­bruchs des Ukrai­ne­kriegs ent­stan­de­ne Dra­ma­tik an den Ener­gie- und Roh­stoff­bör­sen hat hier­auf unmit­tel­ba­re Kon­se­quen­zen, denn die zuneh­mend nach­tei­li­ge Kos­ten­po­si­ti­on im glo­ba­len Wett­be­werb bedroht die Trans­for­ma­ti­on. Wir als BDG unter­stütz­ten unse­re Mit­glie­der im ver­gan­ge­nen Jahr mit diver­sen Ver­öf­fent­li­chun­gen und Kenn­zah­len, um Ihnen eine Ver­or­tung der eige­nen wirt­schaft­li­chen Situa­ti­on in den tur­bu­len­ten Zei­ten ermöglichten.

Die Ver­öf­fent­li­chung der Betriebs­wirt­schaft­li­chen Kenn­zah­len der Gie­ße­rei-Indus­trie, die einen voll­stän­di­gen Über­blick, von den Umsät­zen, über Per­so­nal­kos­ten, Kran­ken­stän­de, bis zu den Mate­ri­al­kos­ten, bereit­hält, ist einer der wich­tigs­ten Bau­stei­ne. Beglei­tet von der Über­sicht zur Kos­ten­ent­wick­lung – Rück­blick, in den aus­führ­li­chen Erläu­te­run­gen zu den ein­zel­nen Kenn­zah­len dar­ge­bo­ten wer­den, kön­nen Lese­rin­nen und Leser die eige­nen Kos­ten­po­si­tio­nen ver­glei­chen. Bei­de Ver­öf­fent­li­chun­gen erschei­nen in Lang­ver­si­on im BGD-Extra­net sowie als Zusam­men­fas­sung regel­mä­ßig im BDG-Report. Kom­ple­men­tiert wer­den die jähr­li­chen Ver­öf­fent­li­chun­gen von den Kal­ku­la­to­ri­schen Kos­ten sowie den Kos­ten und der Kos­ten­struk­tur der deut­schen Gie­ße­rei-Indus­trie.

Neben den für alle Mit­glie­der zugäng­li­chen Sta­tis­ti­ken, hat das Refe­rat Betriebs­wirt­schaft auch im ver­gan­ge­nen Jahr die Umfra­ge zu den Bilanz- und Ertrags­kenn­zah­len 2021 durch­ge­führt. Die Umfra­ge erscheint bereits zum 14. Mal.Eine Aus­wer­tung nach Haupt­werk­stof­fen, Schicht­ver­glei­chen und Form­ge­bungs­ver­fah­ren ist exklu­siv den Teil­neh­mern vor­be­hal­ten. So viel an die­ser Stel­le: Im Durch­schnitt stand am Ende eine Leis­tungs­ren­di­te von 1,0 %, das EBIT bei 1,4 % und das EBITDA bei 4,0 %. Ins­ge­samt Wer­te, die deut­lich unter dem Niveau der Jah­re vor 2019 lie­gen. Was blei­ben wird, ist ein lang­fris­tig höhe­rer Anteil der Ener­gie- und Mate­ri­al­kos­ten an der Gießerei-Gesamtleistung.

Poli­tisch hat sich die Betriebs­wirt­schaft stark in das Ener­gie­kos­ten­dämp­fungs­pro­gramm, die Strom- und Gas­preis­brem­se sowie – als über­grei­fen­des The­ma – für einen Indus­trie­strom­preis ein­ge­setzt. Durch unser umfas­sen­des Wis­sen über die wirt­schaft­li­che sowie finan­zi­el­le Situa­ti­on der Indus­trie, konn­ten wir unse­re For­de­run­gen fun­diert mit ech­ten Zah­len aus der Bran­che hin­ter­le­gen. Dies ist auch der Ver­dienst aller Mit­glie­der, die an den Umfra­gen teil­neh­men und uns das ent­spre­chen­de Rüst­zeug geben, um für Sie aktiv zu wer­den. Zugleich haben wir unse­re Mit­glie­der in den Ver­an­stal­tun­gen und Sit­zun­gen über die jewei­li­gen gel­ten­den Ent­las­tun­gen, betriebs­wirt­schaft­li­chen Para­me­ter und mög­li­che Werk­zeu­ge zum Gegen­steu­ern infor­miert. Und eine gute Nach­richt zum Schluss: Der Bereich Wirt­schaft wird ab sofort durch eine wei­te­re Kraft unter­stützt und unse­ren Umfra­ge- sowie Sta­tis­tik­ser­vice aus­bau­en. Nach­dem es in den ver­gan­ge­nen Jah­ren nicht mög­lich war, die Ent­gelt­um­fra­ge in Gie­ße­rei­en zu erstel­len, unter ande­rem auf­grund der aus­ge­wei­te­ten Kurz­ar­beit und den lei­der zu weni­gen Teil­neh­mern, wer­den wir eine Novel­lie­rung der Umfra­ge noch in die­sem Jahr wagen und hof­fen auch auf Ihre Teil­nah­me. Außer­dem reagie­ren wir direkt auf die zuneh­men­de Bedeu­tung des Ein­satz­fak­tors Roh­stof­fe für die Kal­ku­la­ti­on in Gie­ße­rei­en und kop­peln die­sen Bereich zukünf­tig stär­ker an die Betriebswirtschaft.

Dr. Fynn-Wil­lem Lohe
Refe­rent Betriebswirtschaft
Dr. Fynn-Wil­lem Lohe
Refe­rent Betriebswirtschaft