Pro­jekt InnoGuss 

Fahr­plan für die Trans­for­ma­ti­on der Branche

Nach rund zwei Jah­ren neigt sich das Pro­jekt Inno­Guss dem Ende zu. Es zeigt CO2-Reduk­ti­ons­pfa­de für die Bran­che und die dafür not­wen­di­gen tech­ni­schen, wirt­schaft­li­chen und poli­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen auf. Im Herbst 2023 soll der Abschluss­be­richt vorliegen.

Inno­Guss – Ent­wick­lung von inno­va­ti­ven Trans­for­ma­ti­ons­pfa­den zur Dekar­bo­ni­sie­rung der Gie­ße­rei-Indus­trie in NRW“ – so lau­tet der voll­stän­di­ge Name des Pro­jekts, das der mit­tel­stän­di­schen Gie­ße­rei-Indus­trie die Grund­la­ge für eine sorg­fäl­ti­ge Pla­nung ihres Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­ses bie­ten soll. Über zwei Jah­re hat es uns beglei­tet. Der BDG hat regel­mä­ßig über den Stand des For­schungs­pro­jekts berich­tet, in der GIESSEREI, in inter­nen Medi­en wie dem BDG report oder dem BDG-Tätig­keits­be­richt sowie in LinkedIn.

Nach Abschluss der sechs Arbeits­pa­ke­te des Pro­jekts am 14. Juli wird bis zum 14. Sep­tem­ber der Abschluss­be­richt erstellt, aus dem schließ­lich eine Road­map zur Treib­haus­gas­neu­tra­li­tät der Gie­ße­rei­bran­che abge­lei­tet wird. Wich­ti­ger Bestand­teil u.a.: die Ermitt­lung von Tech­no­lo­gie­pfa­den und Trans­for­ma­ti­ons­sze­na­ri­en. Kern­fra­ge ist: Wel­che Mehr­be­dar­fe an kli­ma­neu­tra­len Ener­gie­trä­gern resul­tie­ren aus den ein­zel­nen Sze­na­ri­en? Denn basie­rend auf ver­schie­de­nen Annah­men, erge­ben sich kal­ku­lier­ba­re Mehr­be­dar­fe an grü­nem Strom, Was­ser­stoff oder Bio­koks. Ein Kom­pass, der Gie­ße­rei­en dabei unter­stützt, in ihren Betrie­ben CO2-Redu­zie­rungs­po­ten­zia­le zu erken­nen und schnell umzu­set­zen, steht eben­falls kurz vor der Fer­tig­stel­lung. Die Gie­ße­rei-Indus­trie ist höchst hete­ro­gen, besteht aus z.T. hoch spe­zia­li­sier­ten Unter­neh­men, von denen jedes eine indi­vi­du­el­le Stra­te­gie braucht – für eine erfolg­rei­che Dekar­bo­ni­sie­rung, die gleich­zei­tig sei­ne Wett­be­werbs­fä­hig­keit erhöht.

Was ist rück­bli­ckend die Bilanz des Pro­jek­tes? Zunächst ein­mal natür­lich die har­ten Fak­ten, die die Bran­che für die Trans­for­ma­ti­on braucht. Denn die natio­na­len und inter­na­tio­na­len Kli­ma­zie­le stel­len die Gie­ße­rei­en vor eine gewal­ti­ge Auf­ga­be: Die Dekar­bo­ni­sie­rung der Gie­ße­rei-Indus­trie greift in nahe­zu alle Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se ein, hat die Bereit­stel­lung von Ener­gie doch fast immer auch die Emis­si­on von CO2 zur Folge.

Zur Erin­ne­rung: Inno­Guss wur­de vom Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um NRW geför­dert, Pro­jekt­trä­ger ist die Pro­jekt­trä­ger Jülich GmbH. Pro­jekt­part­ner waren der BDG als Koor­di­na­tor, die BDG-Ser­vice und das VDEh-Betriebs­for­schungs­in­sti­tut (BFI), außer­dem die Gie­ße­rei­en M. Busch aus Best­wig, Eisen­wer­ke Brühl und Fon­di­um Mett­mann als asso­zi­ier­te Indus­trie­part­ner. In NRW sind beson­ders vie­le Gie­ße­rei­en ansäs­sig, genau­er gesagt – das hat die Daten­er­he­bung im Rah­men von Inno­Guss erge­ben – 194. Eine Stu­die zu Dekar­bo­ni­sie­rungs­pfa­den der Bran­che am Bei­spiel NRWs bot sich also an die vier aus­sichts­reichs­ten Tech­no­lo­gie­pfa­de – Elek­tri­fi­zie­rung, Bio­mas­se, Was­ser­stoff, und CCUS – wur­den hin­sicht­lich tech­ni­scher Beschrei­bung und Mach­bar­keit, benö­tig­ten Ener­gie- und Mate­ri­al­be­dar­fen, CO2-Ein­spar­po­ten­zi­al, tech­no­lo­gi­schem Rei­fe­grad, wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen, Hemm­nis­sen und For­schungs­be­dar­fen untersucht.

Dabei kris­tal­li­sier­te sich fol­gen­des heraus:

- Bio­mas­se ist eher als Sub­sti­tut im Kupol­o­fen in Form von Bio­koks denk­bar, voll­stän­di­ge Sub­sti­tu­ti­on ist aller­dings zur­zeit tech­nisch kaum mach­bar, der Ein­satz als Über­gangs­tech­no­lo­gie aber denkbar.

- Bei Was­ser­stoff besteht häu­fig noch For­schungs­be­darf, die Mach­bar­keit ist von Aggre­gat und Pro­zess­schritt abhängig.

- CCUS – die Abschei­dung und Nut­zung oder Lage­rung von CO2 – wird der­zeit in meh­re­ren For­schungs­pro­jek­ten und Real­la­bo­ren jen­seits der typi­schen Gie­ße­rei­en unter­sucht, für die unmit­tel­ba­re Anwen­dung ist sie jedoch noch nicht aus­ge­reift genug. CCUS ist als zukünf­ti­ge Tech­no­lo­gie jedoch vor allem in Ver­bin­dung mit dem Ein­satz von Bio­koks als CO2-Sen­ke denkbar.

- Elek­tri­sche Lösun­gen im Schmelz­be­trieb und in der Wär­me­be­hand­lung sind viel­fach Stand der Tech­nik, somit stellt sich die Elek­tri­fi­zie­rung von Ther­mo­pro­zes­sen zur­zeit als Königs­weg dar. Dar­über hin­aus soll­te Inno­Guss aber auch die rele­van­ten tech­ni­schen und wirt­schaft­li­chen sowie poli­ti­schen Rand­be­din­gun­gen und not­wen­di­ge For­schungs­be­dar­fe auf­zei­gen. Eine wich­ti­ge Erkennt­nis: die Abhän­gig­keit von Fak­to­ren, die die Bran­che selbst nicht her­bei­füh­ren kann, die sie viel­mehr ein­for­dern muss. Poli­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen etwa oder feh­len­de Infra­struk­tur. So soll die ther­mi­sche Ver­wer­tung von Bio­mas­se laut Rene­wa­ble Ener­gy Direc­ti­ve III der letz­te Schritt bio­ge­ner Ener­gie­trä­ger sein. Die dau­er­haf­te Ver­füg­bar­keit für die Gie­ße­rei-Indus­trie ist also frag­lich. Die Erzeu­gung von Was­ser­stoff erfolgt nach gän­gi­ger Annah­me über Was­ser­elek­tro­ly­se mit­tels „grü­nem“ Strom – der aber auch mit­tel­fris­tig nicht in genü­gen­dem Maße ver­füg­bar sein wird. Und die Elek­tri­fi­zie­rung als Königs­weg bedeu­tet gleich­zei­tig erneut maxi­ma­le Abhän­gig­keit von einem Ener­gie­trä­ger – und bevor genü­gend Strom aus Erneu­er­ba­ren Ener­gien vor­liegt, ist ein wett­be­werbs­fä­hi­ger Strom­preis für die Bran­che essen­zi­ell für eine erfolg­rei­che Transformation.

Elke Rad­tke
Refe­ren­tin Umwelt- und Arbeitsschutz
Elke Rad­tke
Refe­ren­tin Umwelt- und Arbeitsschutz