„InnoGuss – Entwicklung von innovativen Transformationspfaden zur Dekarbonisierung der Gießerei-Industrie in NRW“ – so lautet der vollständige Name des Projekts, das der mittelständischen Gießerei-Industrie die Grundlage für eine sorgfältige Planung ihres Transformationsprozesses bieten soll. Über zwei Jahre hat es uns begleitet. Der BDG hat regelmäßig über den Stand des Forschungsprojekts berichtet, in der GIESSEREI, in internen Medien wie dem BDG report oder dem BDG-Tätigkeitsbericht sowie in LinkedIn.
Nach Abschluss der sechs Arbeitspakete des Projekts am 14. Juli wird bis zum 14. September der Abschlussbericht erstellt, aus dem schließlich eine Roadmap zur Treibhausgasneutralität der Gießereibranche abgeleitet wird. Wichtiger Bestandteil u.a.: die Ermittlung von Technologiepfaden und Transformationsszenarien. Kernfrage ist: Welche Mehrbedarfe an klimaneutralen Energieträgern resultieren aus den einzelnen Szenarien? Denn basierend auf verschiedenen Annahmen, ergeben sich kalkulierbare Mehrbedarfe an grünem Strom, Wasserstoff oder Biokoks. Ein Kompass, der Gießereien dabei unterstützt, in ihren Betrieben CO2-Reduzierungspotenziale zu erkennen und schnell umzusetzen, steht ebenfalls kurz vor der Fertigstellung. Die Gießerei-Industrie ist höchst heterogen, besteht aus z.T. hoch spezialisierten Unternehmen, von denen jedes eine individuelle Strategie braucht – für eine erfolgreiche Dekarbonisierung, die gleichzeitig seine Wettbewerbsfähigkeit erhöht.
Was ist rückblickend die Bilanz des Projektes? Zunächst einmal natürlich die harten Fakten, die die Branche für die Transformation braucht. Denn die nationalen und internationalen Klimaziele stellen die Gießereien vor eine gewaltige Aufgabe: Die Dekarbonisierung der Gießerei-Industrie greift in nahezu alle Produktionsprozesse ein, hat die Bereitstellung von Energie doch fast immer auch die Emission von CO2 zur Folge.
Zur Erinnerung: InnoGuss wurde vom Wirtschaftsministerium NRW gefördert, Projektträger ist die Projektträger Jülich GmbH. Projektpartner waren der BDG als Koordinator, die BDG-Service und das VDEh-Betriebsforschungsinstitut (BFI), außerdem die Gießereien M. Busch aus Bestwig, Eisenwerke Brühl und Fondium Mettmann als assoziierte Industriepartner. In NRW sind besonders viele Gießereien ansässig, genauer gesagt – das hat die Datenerhebung im Rahmen von InnoGuss ergeben – 194. Eine Studie zu Dekarbonisierungspfaden der Branche am Beispiel NRWs bot sich also an die vier aussichtsreichsten Technologiepfade – Elektrifizierung, Biomasse, Wasserstoff, und CCUS – wurden hinsichtlich technischer Beschreibung und Machbarkeit, benötigten Energie- und Materialbedarfen, CO2-Einsparpotenzial, technologischem Reifegrad, wirtschaftlichen Auswirkungen, Hemmnissen und Forschungsbedarfen untersucht.
Dabei kristallisierte sich folgendes heraus:
- Biomasse ist eher als Substitut im Kupolofen in Form von Biokoks denkbar, vollständige Substitution ist allerdings zurzeit technisch kaum machbar, der Einsatz als Übergangstechnologie aber denkbar.
- Bei Wasserstoff besteht häufig noch Forschungsbedarf, die Machbarkeit ist von Aggregat und Prozessschritt abhängig.
- CCUS – die Abscheidung und Nutzung oder Lagerung von CO2 – wird derzeit in mehreren Forschungsprojekten und Reallaboren jenseits der typischen Gießereien untersucht, für die unmittelbare Anwendung ist sie jedoch noch nicht ausgereift genug. CCUS ist als zukünftige Technologie jedoch vor allem in Verbindung mit dem Einsatz von Biokoks als CO2-Senke denkbar.
- Elektrische Lösungen im Schmelzbetrieb und in der Wärmebehandlung sind vielfach Stand der Technik, somit stellt sich die Elektrifizierung von Thermoprozessen zurzeit als Königsweg dar. Darüber hinaus sollte InnoGuss aber auch die relevanten technischen und wirtschaftlichen sowie politischen Randbedingungen und notwendige Forschungsbedarfe aufzeigen. Eine wichtige Erkenntnis: die Abhängigkeit von Faktoren, die die Branche selbst nicht herbeiführen kann, die sie vielmehr einfordern muss. Politische Rahmenbedingungen etwa oder fehlende Infrastruktur. So soll die thermische Verwertung von Biomasse laut Renewable Energy Directive III der letzte Schritt biogener Energieträger sein. Die dauerhafte Verfügbarkeit für die Gießerei-Industrie ist also fraglich. Die Erzeugung von Wasserstoff erfolgt nach gängiger Annahme über Wasserelektrolyse mittels „grünem“ Strom – der aber auch mittelfristig nicht in genügendem Maße verfügbar sein wird. Und die Elektrifizierung als Königsweg bedeutet gleichzeitig erneut maximale Abhängigkeit von einem Energieträger – und bevor genügend Strom aus Erneuerbaren Energien vorliegt, ist ein wettbewerbsfähiger Strompreis für die Branche essenziell für eine erfolgreiche Transformation.